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17.01.18 –
Bei unserer Podiumsrunde zur digitalisierten Arbeitswelt gestern abend haben unsere Referenten das Thema sehr vielschichtig diskutiert: Dr. Thomas Hardwig (Uni Göttingen) steckte den begrifflichen Rahmen ab über Digitalisierung, Automatisierung und Arbeitsplatzverlust und wies auf die größer werdende Schere im Lohn- und Bildungsniveau bei gleichzeitig zunehmender Technisierung hin. Die Entkoppelung von Arbeits- und Freizeit im Rahmen der digitalen Arbeitswelt bergen große Chancen, aber sicherlich auch große Risiken für die einzelnen Mitarbeiter*innen. Zukünftig würden neue Arbeitsplätze und neue Typen von Arbeitsplätze geschaffen. Inwieweit allerdings die potentiellen neuen Arbeitsplätze die Rationalisierungseffekte übersteigen, sei Stand heute nur schwer abzuschätzen. Sein Einführungsreferat findet sich hier.
Anschließend schilderte Sven Höppner (Werner Wirth GmbH, Hamburg) anschaulich Details des digitalen Wandels in seinem Unternehmen. Unternehmen würden sich immer stärker hin zu einer Plattform entwickeln. Die Transparenz und Flexibilisierung nehme durch die Digitalisierung zu, dem müssten Mitarbeiter*innen Rechnung tragen. Eine Reihe von Weiterbildungsmaßnahmen stehen an. Nicht alle Mitarbeiter*innen sehen dieses auch als Chance. Dennoch habe er bislang die Digitalisierung der Arbeitswelt als positiven Beitrag für sein Unternehmen begriffen, das er von einem 15 Personen Handwerksbetrieb zu einem internationalen tätigen Unternehmen für Spezialbeschichtungen mit über 150 Mitarbeiter*innen ausgebaut habe. Er habe also ein großes Interesse, seine Fach- und Führungskräfte zu halten und ihnen Perspektiven im Betrieb zu bieten.
Sebastian Wertmüller (ver.di) schilderte die andere Seite der Medaille und berichtete von den Auswirkungen auf Arbeitnehmer*innen, die häufig unter der Arbeitsverdichtung zu leiden hätten. Die Auswüchse, die die neue Arbeitswelt mit dem digitalen Wandel mit sich bringe, müsse aktiv von der Politik in Punkto Arbeitszeit gestaltet werden, um starke Verwerfungen zu vermeiden. Sicherlich ließen sich an vielen Stellen mit einer stärkeren Digitalisierung oder auch Mechanisierung auch ganz handfeste Verbesserung für körperlich schwere Arbeiten erkennen, wie im Kranken- und Pflegebereich, aber dennoch bestehe hoher Regelungsbedarf und es dürften keine Illusionen hinsichtlich der voraussichtlichen wegfallenden Arbeitsplätze entstehen. Aus seiner Sicht müsse es eine Art Ombudsstelle geben, die sich gemeinsam mit Politik, Betrieben und Tarifpartner*innen um die anstehenden Herausforderungen kümmere und auch auf Antworten für weniger gut qualifizierte Arbeitnehmer*innen gebe.
Veröffentlichungen und Studien von ver.di zum Thema „Gute digitale Arbeit“ finden sich dazu hier unten: http://www.bw-verdi.de/vor-ort/lueneburg/gute-digitale-arbeit.html
Dieter Janecek, MdB und wirtschaftspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion von B90/GRÜNE machte deutlich, dass es Aufgabe der Gesellschaft sei, auszuhandeln, wieviel Flexibilisierung und Technologisierung sie sich zumuten möchte. Die Arbeitswelt habe sich bereits stark verändert. Insgesamt sei die Arbeitszeit in den letzten Jahren stark reduziert worden. Dieser Trend halte an. Er berichtete von den bereits stattgefundenen Veränderungen in der Musikbranche (von der LP, über CD hin zu Streaming Diensten), ebenso in der Mobilität. Je mehr die Menschen eine Sharing economy bevorzuge oder ihr bereit seien, ihr Eigentum zu teilen, desto stärker veränderten sich dadurch auch unterschiedliche Branchen, wie im Bereich private Pkws, Taxis oder Uber zu erkennen sei. Er stehe dafür, Pilotprojekte auszuprobieren. In Bezug auf prekäre Jobs oder Beschäftigung im Netz sei zu überlegen, ob Mindesthonorare praktikabel und durchsetzbar seien. Grundsätzlich könne mit Hilfe der Digitalisierung hohe Ressourceneinsparpotentiale gehoben werden, sofern die politischen Rahmenbedingungen stimmen.
Das gut informierte Publikum erweiterte die Diskussion um die Dimensionen Grundeinkommen und Erwartungshaltung der Gesellschaft.
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