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21.10.19 –
Meinungsspalte (von Ronja Demel und Peter Pütz)
Werbung ist Teil unseres Alltags geworden. Wohin wir schauen, wir werden von allen Seiten von Models mit unrealistischen und idealisierten Körpermaßen angelächelt. Sie senden mit ihrem makellosen Äußeren Botschaften, um Produkte an die Frau und an den Mann zu bringen. Sie vesprechen bei Konsum ein besseres und perfekteres Leben. Einlösen können die Produkte dieses Versprechen erwartungsgemäß allerdings nicht.
Ganz im Gegenteil - Studien zufolge hat Werbung negative Effekte auf die Psyche. Die Bewerbung unrealistischer Schönheitsideale führt zu negativer Stimmung und Selbstwahrnehmung. Zusätzlich ist Werbung ein reiner Ausdruck unserer im Kapitalismus verhafteten Konsumgesellschaft. Omnipräsente Werbung drängt uns dazu, Dinge zu kaufen, die wir in den meisten Fällen gar nicht brauchen, und schränkt uns damit in unserer Handlungsfreiheit ein. Nur wenige von uns können sich davon frei machen, auf Werbung zu reagieren.
Ganz davon abgesehen bedienen Werbungen sehr oft Stereotypen, die Geschlechterrollen verstärken und in vielen Fällen diskriminierend sind. Das zeigt auch der aktuelle Fall der Firma „True Fruits“, die mit rassistischen, sexistischen und generell diskriminierenden Werbesprüchen für Aufmerksamkeit gesorgt hat. So wird beispielsweise unter den Slogan „Abgefüllt und mitgenommen“ vom Gründer und Marketingchef kommentiert „This is how I like my hoes“ (zu deutsch: „So mag ich meine Schlampen“). Dass hierdurch sexuelle Übergriffe auf betrunkene Frauen bagatellisiert und zu einem Marketinggag gemacht werden, wird von dem Unternehmen auch nachträglich auf die Kritik hin nicht eingeräumt. Viel mehr wird sich auf den Werberat bezogen, der diese Art von Werbung als moralisch unbedenklich einstuft.
Doch wollen wir in einer Gesellschaft leben, in der solche Werbung geduldet wird? Wie sollen wir unseren Kindern beibringen, dass sexualisierte Gewalt unmoralisch ist, wenn im Supermarkt auf einer Smoothieflasche sehr eindeutige Andeutungen gemacht werden?
Abgesehen von dem Inhalt der Werbung, der oft ins Unmoralische abgleitet, ist Werbung auch ökologisch betrachtet extrem problematisch. Jede*r von uns, die/der keinen „Keine Werbung“ Aufkleber an dem eigenen Briefkasten hat, macht die Erfahrung, dass sich sehr viele Werbeprospekte darin finden lassen. Die meisten, oft in Plastik verpackt, landen ungelesen im Müll. Das führt dazu, dass der Müllberg vergrößert wird und wertvolle Ressourcen verschwendet werden. Das ist genauso schädlich und unnötig wie die Kommerzialisierung des öffentlichen Raums mit Werbetafeln und Leuchtreklame.
Unsere Stadt verliert nicht nur ihr individuelles Gesicht und Platz, der besser für Bäume, Bänke oder andere den Bürger*innen zu Gute kommenden Dingen genutzt werden könnte. Die Wirkung von Werbung ist insbesondere auf Kinder und Jugendliche nicht zu unterschätzen, da sich erst mit fortgeschrittenem Alter ein kritisches Urteilsvermögen herausbildet. Es ist unverantwortlich, dass wir im Jahr 2019 immer noch diskriminierende Werbebotschaften, Zigarettenwerbung etc. auf städtischen Flächen tolerieren.
Deshalb unterstützt der Stadtvorstand der Göttinger Grünen bereits seit 2018 die Initiative "Göttingen werbefrei" und fordert auch die Parteien im Stadtrat auf, sich der Problematik bewusst zu werden und zu handeln. Auch wenn ein solches Werbeverbot erst mal radikal erscheinen mag, könnten die frei werdenden Flächen aus unserer Sicht so viel besser genutzt werden: Grenoble ist aus unserer Sicht als erste Stadt in Europa ohne Außenwerbung mit ihrer Förderung von, Kultur, Natur und der Kreativität von Bürgerinnen und Bürgern der Stadtgesellschaft ein tolles Vorbild für Göttingen.
Studien, die den negativen Einfluss von Werbung auf die Körperwahrnehmung zeigen: www.semanticscholar.org/paper/The-Effect-of-Thin-Ideal-Media-Images-on-Women%E2%80%99s-Harper-Tiggemann/ef7ef69038a1eda52e69ee28c883f73e80442ed5
Mehr Über Göttingen Werbefrei: www.facebook.com/pg/G%C3%B6ttingen-werbefrei-352951468615105/about/
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